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Beastie Boys - «Get It Together»

SOTW #32-2009

Warten auf das scharfe-Saucen-Komitee

beastieboys_getit.jpg

Heute gibt's mal wieder was aus der untersten Schublade, so zu sagen. Unterste Schublade natürlich nicht Sound-mässig, sondern rein stapel-technisch. Meine Cd-Sammlung (für alle Digital Natives: früher wurde Musik noch auf sog. "Tonträgern" verkauft und gesammelt) teilt sich in vier an der Wand hängende Balken, wobei der unterste als Sammelbecken für verschiedene obskure Genres wie Funk, Blues, (Acid-)Jazz, Soundtracks, World Music (inkl. CH) oder eben Rap dient. Also für alles, das nicht in die anderen drei Balken ("Rock") passt.

Und eine Band dominiert diese meine unterste Schublade sowohl auf der Ebene der Anzahl der Tonträger wie auch auf der Ebene der Abspielfrequenz und das nun schon seit langer Zeit: Die Beastie Boys, die Rocker unter den Rappern, die Hopper unter den Punks und die Meister aller Klassen. Angefangen haben sie in den frühen Achtzigern mit dem Ziel, ihr geliebtes New York mit eigenem Hardcore-Punk im Stile der Bad Brains (D.C.) oder Black Flag (L.A.) zu versorgen.
Hörbeispiel: Egg Raid on Mojo.

Mitte der Achtziger sattelten Sie auf Rap um, dabei wurden die Einflüsse der rockigen Vergangenheit natürlich nicht vergessen. AC/DC-mässige Riffs begleiteten die Raps ihres ersten, bei Def Jam erschienen und von dessen Mitgründer Rick Rubin produzierten Hip-Hop-Albums «Licensed to Ill» (1986). Der ernorme Erfolg des Albums, die legendären Konzerte der Band und die flapsig aggressiv-sexistischen Texte der Songs sorgten dafür, dass die Beastie Boys ein Image als saufende und randalierende Chaoten erhielten, wobei die Ironie ihrer Posen komplett missverstanden wurde und die Jungs auf ihre Eskapaden reduziert wurden. Die subtile wie prägende Verschmelzung von Rock und Rap und dessen Tragweite wurde damals wohl von den wenigsten erkannt. Für vielmehr Aufmerksamkeit sorgten die Texte, die mit anderen zeitgenössischen Werken für die Schaffung des "Parental Advisory: Explicit Lyrics"-Stickers auf entsprechenden Album-Covers verantwortlich waren.
Hörbeispiel (Lautstärkeregler bitte nach ganz oben!): Rhymin’ & Stealin’.

Nachdem immensen Erfolg von «Licensed to ill» hauten die Beastie Boys ab nach Los Angeles, um an einem neuen Album zu arbeiten. «Paul’s Boutique» war das Ergebnis dieser Flucht, das mit Unterstützung der Dust Brothers und anderen produziert wurde und wohl bis heute das Album mit den meisten Samples (diese zu finden und zu zählen wäre alleine ein Lebenswerk) ist, bei seiner Erscheinung zerrissen wurde (nicht zuletzt, weil man von den "Bösen Buben" einen Sound und eine Attitüde wie auf «Licensed to ill» erwartet hatte) und heute als eines der einflussreichsten Werke des Genres gilt.
Hörbeispiel: Car Thief.

Wieder zurück in New York entdeckten Adam Yauch alias MCA ("I got more rhymes than I got grey hair; that's a lot cause I got my share"), Mike Diamond alias Mike D ("I’m Mike D and I’m the ladies’ choice") und Adam Horowitz alias Ad Rock ("I’m Ad Rock and I shock and I tick and I tock; and I can't stop with the body rock") die Hammond-Orgel und bauten diese im grossen Stil in ihre Songs ein. Herausgekommen ist ein weiterer Meilenstein des Genres, der auch heute noch groovt wie bei seinem erscheinen 1992. Auch wenn die Beastie Boys ihren Sound immer wieder neu erfinden, bleiben sie doch über sämtliche Genre-Grenzen hinweg (neben den hier aufgelisteten Alben sind noch weitere, darunter Instrumental-Sammlungen wie «The In Sound from Way Out» oder Hardcoreplatten «Aglio e Olio» erschienen) wieder erkennbar und sich selbst treu. Ihre Experimentierfreudigkeit ist ebenso erfrischend wie ihre Begeisterung für Musik ansteckend ist. Für die Aufnahmen von «Check your Head» spielten sie die Songs selbst ein, mit MCA am Bass, Ad Rock an der Gitarre und Mike D an den Drums, so wie sie es bis heute an den Konzerten tun.
Hörbeispiele: Pass the Mic und Live at P.J.’s (Live in Montreux).

Mit «Ill Communication» folgte 1994 ihr wohl bekanntestes Album und das erste, das ich persönlich mitbekommen habe und das somit die Basis für mein Fandasein für diese wunderbare Band war. Unzählige Favoriten finden sich auf diesem Album, das wieder in Zusammenarbeit mit einigen anderen Künstlern entstanden ist. Neben den üblichen Verdächtigen Mario Coldato Jr. und "Money Mark" Nishita sind auch Gastrapper wie Q-Tip und Bizmark mit von der Partie. Neben Heulern wie «Sure Shot» oder «Sabotage» ist und bleibt «Get it together» für mich das grossartigste Lied dieser Band, was es – nach meiner Logik jedenfalls – zum grossartigsten Lied des gesamten Genres macht!
Hörbeispiele: Sure Shot (live in NYC), Sabotage und natürlich Get it together.

Vier Jahre später folgte mit „«Hello Nasty» ein weiteres Album, das von tollen Tracks nur so strotzte und das mit «Intergalactic» und «Body Movin’» weitere Klassiker der Gruppe und der Musikvideogeschichte enthält. Allgemein lässt sich feststellen, dass die Beastie Boys schon immer gerne und schon immer gerne weit über den Tellerrand der Musik hinaus geschaut haben. Die von ihnen veranstalteten Benefiz-Konzerte für ein freies Tibet brachten ihnen ein lebenslanges Einreiseverbot in China, die von Adam Yauch unter dem Pseudonym Nathanial Hornblower selbst produzierten Videoclips (empfehlenswert: «Beastie Boys Video Anthology»), das von Zuschauern mit verteilten Kameras gefilmte Konzert (Film «Awesome, I fucking shot that!») und die deutliche politische Sprache gegen die Rolle und das Verhalten der Amerikaner in der Welt (Bush-Ära) zeugen von künstlerischen wie gesellschaftlichen Interessen.
Hörbeispiele: Intergalactic und Body Movin’.

Auch wenn die Jungs mittlerweile einiges über 40 sind, sind sie noch immer begeistert bei der Sache, so folgten vor einigen Jahren das Rap-Album «To the 5 Borroughs» (mit dem Post-9/11- und dem Post-Giuliani New York im Zentrum) und das Instrumental-Album «The Mix-Up». Letzteres bot vor zwei Jahren Anlass für zwei "unplugged"-Konzerte in den erwürdigen Hallen des Montreux Jazz, die ich mir natürlich beide zu Gemüte führte und die natürlich alles andere als unterste Schublade waren, sondern einfach nur intergalaktisch geil.


Interpret: Beastie Boys, NYC

Album: Ill Communication

Song: Get it together (zusammen mit Q-Tip und Bizmark)

Jahr: 1994

Internet: Band-Website, Wikipedia

Empfohlene Tätigkeit beim Hören dieses Songs: Mitrappen natürlich... und dazu eine Bouillabaisse kochen.

Artwork: Flickr user carolinebittencourt





Comments

Unglaublich das erst jetzt jemand die Beastie Boys bringt!!! Aber wie ich sehe, hats die gebraucht, damit auch du zum ersten Mal was unter Hip Hop ablegst! :-)

Hab mich jedenfalls ungemein darüber gefreut, mal wieder all die Songs durchzugehen...

und ja, natürlich war auch für mich das Album von 1994 sozusagen das erste und deshalb prägendste... Sabotage ist und bleibt deshalb auch der Inbegriff des Teenager-Rebellionsgefühl für mich. Ist halt noch mehr auf der Punkrock-Schiene. Die hiphopigen Beats von Get it Together sind jedoch durchaus grossartig und wegweisend.

Und noch zum Genre: Eigentlich recht traurig, dass sich nicht viel mehr Künstler diesem "Stilmix" anschliessen, d.h. ihr eigenes Genre, ihre eigene Kombination, ihre eigene Musik finden...

Super Internetseite - Hab eine Frage. Meiner einer ist auch unmittelbar dabei meinen eigenen kleinen Blog aufzubauen und ich finde dein Template gut. Wo kann man die Styles herbekommen?

danke fürs kompliment! du findest die gewünschten infos betreffend layout in der rubrik "about", abschnitt "shout-outs"...

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