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Hank Williams - «Blue Eyes Crying in the Rain»

SOTW #11-2013

Ode an Tom

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Mit verheulten Augen stand ich da, mitten in der Bar. Das letzte Tram verpasst und drum nach Hause gelatscht und irgendwo dazwischen doch noch in die Bar gefallen. Der Tag war zu viel. Die Woche auch, und eigentlich waren wir gar nicht in der Bar, weil wir uns ne Stunde lang anhören mussten wie schlecht wir sind. Und nach diesem Zusammenschiss, noch das ganze irgendwo sonst begossen, an einem Konzert oder so, bis schon keine ÖV mehr fuhren. Und so trottete ich Richtung Heim, in den Ohren die Karussell Musik, so laut, dass einem nicht nur im Kopf sondern auch im Herzen schwindlig wurde, bis die Tränen kamen. Wie wenn im Winter der Wind zu stark bläst, so dröhnte die Musik zu stark auf dem Herzen. Und trotzdem zog es mich eben in die Bar, denn sie lag fast auf dem Heimweg und ich dachte mir, wenn schon wieder zu spät im Bett, dann richtig.
“Damit du mir erklären kannst, wieso es gut ist, deine Kollegin zu kennen.” Stand auf einem Zettel, den sie mir mal ausgehändigt hat, zusammen mit einer Nummer und dem Kommentar, dass sie den Zettel also nicht gelesen habe. Und alleine die Frage ist eine Frechheit. Den hier geht es nicht nur einfach darum jemanden zu kennen, sondern hier geht es drum Tom zu kennen. Meist sind ihre Augen zu schmalen Schlitzen zusammen gezogen, so dass sie die Luft schneiden können und man das Schwarze darin gar nicht mehr sieht. Das flösst einem Respekt ein, und weckt auf, denn der Blick ist auf scharf gestellt, der einem da entgegen kommt, volle Konsentration. Ein japanisches Samurai Schwert bräuchte länger um jemanden in Stücke zu teilen, als diese Augen und fast scheint es, dass man das Klirren einer Klinge beim Schärfen hört, wenn sie sie noch mehr zusammen zieht, um auf Angriff zu wechseln. Und so mancher hat sich wohl die Finger schon zerschnitten an diesen Augen. Wenn sie dich aber aufgenommen haben, können sie einem so sehr mit Liebe und Aufmerksamkeit überschütten, dass alles andere egal ist. Wie eine warme Daunendecke, ummanteln sie einem, und auch wenn man sich am liebsten nach Hause ins Bett in seine Träume flüchten möchten, diese Augen brauchen nur einen Blick um einen zu zudecken. Und das taten sie auch an dem Abend. „Es geht mir gut, ich schwörs, sie haben mir einfach zu viel zu trinken gegeben und mich alleine auf diesen Heimweg losgelassen“.„Willste einen Wein?“ „Nein, lieber ein Wasser“

Und zu diesen Augen dazu, kommt ein drahtiger Körper, dessen ständige Angespanntheit zu den gefährlichen Augen passten und einer Raubkatze gleicht, die immer zum Sprung bereit ist. Und wer nicht Spurt kriegt schnell mal einen Eiswürfel an den Kopf. Und in dieser Bereitschaft zum Sprung liegt aber eine Geschmeidigkeit mit der die Bewegungen ausgeführt werden. Jeder Schritt sitzt. Sie weiss genau, wer schon dran war und wer hier erst gerade ansteht. She’s not English, but she knows how to Queue. Ihre ganze Erscheinung verfügt über eine Herbheit, vergleichbar mit dunkler Schokolade, an deren Süsse man nur über das Bittere kommt. Und so nahm ich das Glas Wasser, welches ich mit meinem letzen Müntz bezahlte, mit den Worten, „Nimms einfach, ich hoffe es reicht. Aber es geht mir gut, Ich bin glücklich, aber ich musste jetzt einfach ein bisschen weinen.“ Und die Tränen liefen wie Bäche über meine Wangen, bis sie sie wegküsste und somit die Wunde schloss, von der ich nicht mal wusste, das sie offen war. Dann liess sie mich los, und ich war zugedeckt und heil, und konnte den Rest meines Heimwegs überwinden, im Schutz der Decke, die sie mir mit ihren Küssen mitgegeben hatte.


Interpret: Hank Williams

Album: Mother's Best Flour Hour

Song: Blue Eyes Crying in the Rain

Jahr: 1951

Internet: Offizielle Website

Empfohlene Tätigkeit beim Hören dieses Songs: Weiter gehn.

Artwork: Worms








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