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Nick Drake – «Rain»

SOTW #28-2008

Wenns Fragen regnet

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Na ja, jetzt regnets also wieder... Wie unnötig. Aber keine Angst, das wird jetzt nicht so eine tragisch-komische, uninteressante Kolumne über das Wetter. Auch wenn ich die Feststellung, dass für Leute in wärmeren und trockeneren Breitengraden das Wetter keine Smalltalkoption bietet, durchaus erwähnenswert finde. Aber es gibt zum Glück noch ganz andere Absurditäten, die man so zwischen Tür und Angel oder, in unserem verregneten Falle, wohl doch gescheiter zwischen Stuhl und Bank mal ansprechen könnte.
Vor einigen Jahren habe ich, wahrscheinlich als dekoratives und aussagekräftiges Drumherum für einige dazu gelegte Geldscheine, das Büchlein «Findet mich das Glück?» von Peter Fischli und David Weiss geschenkt bekommen. Darin werfen die beiden Künstler weiss auf schwarz Fragen auf, die in ihrer Absurdität und Treffsicherheit die Gedanken des Lesers auf eine ganz erfrischende Art kreisen lassen. Manchmal lustig, manchmal tragisch, oft zynisch wird aus plumper Einfachheit intelligente Realitätshinterfragung. Deshalb habe ich beschlossen, mich heute und in Zukunft an dieser Stelle immer mal wieder einigen von diesen Fragen anzunehmen. Der richtige Sound dazu kommt von diesmal von Nick Drake. Auch nicht ganz von dieser Welt und doch sehr echt.

Könnte ich meine immerwährenden Anstrengungen, normal zu erscheinen, für etwas Besseres einsetzen?
Ja, definitiv. Nehm ich mir für nächste Woche grad vor. Beispielsweise für Dinge, die einen nicht nur normal erscheinen lassen, sondern einen tatsächlich normal werden lassen. Dann hätte man das Dilemma gar nicht und hätte wieder genug Zeit, um all jene Dinge zu tun, die einen wieder zur Abnormalität führen. Teufelskreis. Aber was ist schon normal. Und wieso soll man es sein. Will ich es sein? Ist, es sein zu wollen, schon abnormal?

Soll ich in einer fremden Stadt unter falschem Namen eine Wohnung mieten?
Klar. Super Idee. Hört sich so befreiend an. Anyone?

Könnte man sich über das Meiste beklagen?
Ja, ja und nochmals ja. (War ja klar, hör ich euch alle schon denken...). Man kann sich über alles beklagen. Und soll sich auch. Viele Leute mögen das ja unsinnig finden. Die wissen einfach nicht, wie viel es zu beklagen gibt. Und erst recht nicht, wie viel Spass das macht. Ich glaube ja, dass alles, was gut ist, mal schlecht war und nur gut wurde, weil sich genug Leute beklagt haben. Zu gewagt? Vielleicht. Aber Fortschritt und Innovation wäre doch heutzutage nicht derart wert geschätzt, wenn nicht so viel zu beklagen wäre, oder? Neues muss her, das Alte ist schlecht oder von mir aus war auch früher war alles besser – auf jeden Fall gibt’s in der Gegenwart immer Zeit für ein bisschen Jammergeschrei.

Sind die Ausserirdischen schon lang als Jogurt unter uns?
Ist mir wurscht (bzw. jogurt). Wer sich aber über das Thema mal gründlich belehren lassen will und ein paar langweilige Regentageminuten an Unfassbarkeit vergeuden möchte, der solle sich mal in die Welt der Raeliens begeben.

Warum ist meine Decke so schwer?
Weil sie mir immer mal wieder auf den Kopf fällt. Das ist einfach kein guter Ort für sie. Deshalb habe ich mir jetzt im Ausverkauf auch eine Sommerdecke gekauft. Ich erhoffe mir davon Besserung. Aber jetzt regnets ja wieder und ist kalt. Mist. Könnte ein Problem werden. Ich habs ja schon immer geahnt, dass eine Korrelation besteht zwischen angenehmen Temperaturen, Decken und Gemütszuständen.

Soll ich einen grossen Hammer kaufen?
Klingt sinnvoll. Anschlussfrage: Ist es spiessig oder cool einen Werkzeugkasten im Haus zu haben? Ab welchem Alter hat man Werkzeuge in einer Kiste im Schrank? Baumärkte sind ja schon sehr faszinierend. Genauso wie der Verkaufskanal im Fernseher. À propos, ich möchte mir jetzt endlich mal diese Messer und Schneidegeräte bestellen. Das kann doch nur funktionieren.

Soll ich meinen Auspuff abmontieren und nachts in der Nachbarschaft herumfahren?
Find ich toll diese Frage. Zaubert ein schadenfreudiges Lächeln auf meine Lippen. Ehrlich gesagt, musste ich richtig lachen, als ich sie gelesen hab. Wie daneben (siehe Frage 1). Aber ja, hätte ich einen Auspuff, den ich irgendwo abmontieren könnte und zuviel Zeit, würde ich das sofort mit Vergnügen tun.

Soll ich langsam abschleichen?
Sieht so aus. Ich miete mir jetzt schnell in einer fremden Stadt unter falschem Namen eine Wohnung, fahre mit meinem auspufflosen Gefährt (Velo) los, kaufe mir unterwegs noch schnell ausserirdische Jogurts und einen grossen Hammer, mit dem ich dann die schwere Decke von meinem Kopf meissle und mich darüber beklage, dass diese ganzen Anstrengungen mich wieder einmal alles andere als normal erscheinen lassen.

Interpret: Nick Drake, GB
Album: Family Tree
Song: Rain
Jahr: 2007 (Erscheinen des Albums)


Nick Drake bei Foxytunes

Artwork: Fragebüchlein Fischli und Weiss





Comments

endlich antworten!

hab das buch auch mal durchgeblätert, fands ziemlich lustig... vielleicht auch deshalb, weil mich das irgendwie an die tollen "Radio Eriwan" bände erinnert... (kleine kostprobe:

Frage an Radio Eriwan:
Gibt es einen Unterschied zwischen Wirbelsäule und Rückgrad?
Radio Eriwan antwortet:
Im Prinzip nein. Aber eine Wirbelsäule hat jeder.)

Danke für Nick Drake, schon viel zu lange nicht mehr gehört, muss gleich mal die cd suchen!

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