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Paul Simon - «Graceland»

SOTW #51-2005

Zwischen Johannesburg und Memphis

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Es sei jedem verziehen, dem anno 1986 der Titel von Paul Simons neuem Album zu Ohren kam und der daraus schloss, Simon hätte sich nun endgültig der Rock&Roll-Musik Elvis Presleys zugewendet. Wer konnte denn schon ahnen, dass die klangliche Pilgerreise ans Anwesen des Kings nicht etwa in New York City, sondern im Südafrika der Apartheid anfing.

Der Titeltrack - von Paul Simon selbst als seine vollkommenste Komposition bezeichnet - verkörpert nahezu perfekt die beiden Eigenschaften, deren raffinierte Mixtur das Album Graceland zu einem der grössten Werke der modernen Popmusik machen: Einerseits die Einbindung von traditionellen Mbaqanga-Klängen (und -Musikern) aus Südafrika in die Strukturen amerikanischer Popsongs, anderseits die Songtexte Simons, die, simpel aber einfallsreich, den Hörer bald traurig stimmen, bald mit absurd-komischen Szenen aufheitern.

Wohl deswegen nahm Simon die potentiellen Verwirrungen seiner Hörer in Kauf, als er dieses Album, welches den Begriff "world music" revolutionieren sollte, Graceland taufte. Denn die Reise von Lied 1 bis Lied 11 und zurück ist eine Fahrt eines jeden Hörers nach Memphis, ans Grab des Kings. Und zurück.

Die ersten Sekunden des Songs «Graceland» lassen die Szene vor dem geistigen Auge erscheinen: die Perkussion das Auto, das gegen Süden führt; die Gitarren der Wind um die Ohren; der Bass - anfangs zögernd, dann treibend - die Gemütslage von Paul Simon, der, frisch geschieden und begleitet von seinem neunjährigen Sohn sowie "poorboys and pilgrims", nach Tennessee unterwegs ist.

Die Gitarren werden weicher, und das Lied, ohne sich wirklich zu ändern, scheint sanfter, als Simon den Abschied von seiner ersten Frau besingt: "She comes back to tell me she's gone/As if I didn't know that". Und in den nächsten drei Minuten, ob er nun die verlorene Liebe oder das nächste Abenteuer mit dem Mädchen "who calls herself the human trampoline" besingt, prägt sich Graceland als Symbol der Erlösung ins Bewusstsein des Hörers ein.

Und es ist dieser Trost, der bleibt: Die Hoffnung, dass sich alle, die nach Erlösung drängen - ob persönlich oder politisch - ein Stück von Paul Simons naivem Optimismus abschneiden.

"I have reason to believe
We all will be received
In Graceland."
Interpret: Paul Simon, USA
Album: Graceland
Song: Graceland
Jahr: 1986
Genre: World Music
Internetlink: www.paulsimon.com

Artwork: Flickr user tgray








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