Pete Droge - «Do Be True»
SOTW #16-2008
Von der Linguistik in den Lyrics
"Sei doch wahr" - das tönt im ersten Moment nach Kinderlied, als ob es um einen Traum oder eine Fantasiewelt ginge. Die Wahrheit ist viel simpler, denn "true" heisst hier, ganz dem germanischen Ursprung entsprechend, einfach "treu".
Die Nuancen der Linguistik sind also auch in der Musik gültig. Und jeder kennt sie: Die falsos amigos, dass es die Schadenfreude nur bei den Deutschen gibt, die Engländer dafür kein en guete kennen (wie auch, bei Shepard's Pie), und die Eskimos Dutzende Wörter für die verschiedensten Arten Schnee verwenden.
In der Bibel wird unsere babylonische Sprachenvielfalt als Bestrafung dargestellt. Und doch hat sie, würde ich sagen, ihren Sinn, und dies nicht nur für Dolmetscher und Sprachlehrer, sondern auch für uns, die wir bei Songs auch ein zweites Mal hinhören. Vielleicht können wir in ihnen ja Einblicke bekommen in die Schönheit des Alltäglichen und seiner Vermittlung in anderen Sprachen.
Beispiele? Hab ich natürlich nur in denjenigen Sprachen, die ich verstehe. So zum Beispiel das Konzept des Verstehens als sehen, wo der andere herkommt - "I see where you're coming from". Oder dass, weil das Hebräische kein Wort für "mögen" oder "gern haben" kennt, die israelischen Sänger alles gleich lieben. Und unser eigener Dialekt, der manchmal die ursprüngliche Bedeutung eines Wortes verwischen kann - wie für das Kind, das nur "Hampfle" und "Händsche" kennt und weder die volle Hand noch den Schuh für die Hand im geistigen Auge sieht (wenn das nicht ein Killerargument für Hochdeutsch im Kindergarten ist!)
Bleiben wir doch bei der Mundart. Sie gibt uns nämlich eine der hübschesten Ausdrücke: Wenn die frierende Sie zu Ihm sagt "gib mer warm". Warm kann ja nur geben, wer warm hat, ein vielleicht etwas alpine, aber umso schönere Vorstellung. Wenn nun der fiktive englische SOTW-Leser diesen Gedanken übersetzen wollte, käme er mit seinem "I'm hot" bei seinem noch fiktiveren amerikanischen Kollegen nicht sehr weit - dieser würde es nämlich prompt als Postulat der eigenen Geilheit verstehen.
Und so, "full circle", landen wir wieder ennet em Teich, wo «Do Be True» herkommt. Der Song, liebe Leser, ist gut. Mehr noch, er macht süchtig. Was ja wohl zu erwarten ist von einem, der zum Nachnamen "Droge" heisst.
Interpret: Pete Droge, USA
Album: Skywatching
Song: Do Be True
Jahr: 2003
Empfohlene Tätigkeit beim Hören dieses Songs: Drögele?
Artwork: Flickr user nofrills