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Prince - «Gold»

SOTW #25-2007

Rückwärtsschau auf eine Obsession

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London, 21. September 2007
Prince verabschiedet sich von der britischen Hauptstadt. 23'000 Zuschauer schreien, als er nach dem vermeintlich letzten Song, «Purple Rain», noch einmal auf die Bühne tritt und mit der 10-köpfigen Band den Funk-Kracher «Get On The Boat» anstimmt. 21 Nächte warens, in denen der Prinz aus Minneapolis die O2 Arena in seinen Bann zog, doch alles muss mal ein Ende finden. Das weiss auch J., der müde aber glücklich im Publikum sitzt. Und sich freut, weil das Ende eben doch noch ein paar Stunden auf sich warten lassen wird - es gilt ja noch eine Aftershow im Indigo2 zu besuchen.

London, 1. August 2007
Sinds wirklich über drei Jahre her? Viel ist passiert seit dem letzten mal, als J. Prince live gesehen hat. J. kann sich vage erinnern, dass er letztes Mal auch in weiblicher Begleitung war, aber in anderer - und ist in dieser Hinsicht ganz froh drüber, wie die Dinge jetzt stehen. Ausserdem waren letztes Mal die Konzerte auch teurer; also nicht wirklich, aber J. war damals noch Student. Und so geht er dieses mal an acht Konzerte statt drei. Jeder ist verrückt auf seine eigene Weise, sagt seine Grossmutter immer. Gut aber, wenn die Verrücktheit wenigstens eine Konstante im Leben bildet, das sonst ja dauernd mit Ãœberraschungen aufweist. Zeit, dies schriftlich festzuhalten, denkt sich J., und beschliesst, einen SOTW-Artikel zu schreiben.

New York, 12. Juli 2004
Sechswöchiges Praktikum im Big Apple. Die Stadt, die niemals schläft; Bars, Museen, Theater, Musical, Kinofilme auf die Europäer noch Wochen warten müssen (!), nächtliche Spaziergänge in Manhattan. Doch eigentlich freut sich J. nur auf eines. Oder, besser gesagt, drei. Prince ist in town. Und J. ist froh, gerade in diesem Jahr den 21. Geburtstag gefeiert zu haben. Denn das Warten auf Prince im B.B. King's Blues Club (man hofft auf eine Aftershow) macht durstig, und nicht nur nach Wasser. The Purple One taucht, nicht zum ersten Mal, nicht auf, was der Stimmung keinen Abbruch tut; zu genial war die Show im Madison Square Garden. Musicology, indeed.

London, 3. Oktober 2002
Ausnahmslos gehen sie alle, die sich in den letzten fünf Tagen im Studentenheim in Central London kennengelernt haben, in den nächsten Tagen ins Turnmills, zu Crush, in die Fabric, etc. Das akademische Jahr hat nämlich begonnen, und tausende Studenten und Studentinnen wollen sich gegenseitig kennenlernen. Doch nicht J. Er hat besseres vor und wagt sich gegen 15 Uhr (no assigned seating!) nach Hammersmith ins legendäre Apollo. Statt Grosskonzert wie letztes Mal gibts jetzt ein kleines ehemaliges Theater, und statt Hits obskuren Jazz-Funk des neuen Albums The Rainbow Children. J. gefällts (dreimal plus Aftershow), und er findets irgendwie gut, dass er sich damit vor seinen brandneuen Kommilitonen in seiner prinzlichen Obsession bereits in der ersten Woche geoutet hat.

Zürich, 23. August 1998
Wenn J. die anderen um sich herum im Hallenstadion betrachtet, fällt ihm vor allem auf, wieviel älter sie sind. Nicht unbedingt alt, aber älter als er. Nun gut, den T. hat er ja dabei, der am Ende des Abends behaupten wird, noch nie ein besseres Konzert erlebt zu haben. Ob er sich in, sagen wir, 9 Jahren noch an diese Aussage erinnern wird? Egal - viel wichtiger die Frage, ob die zwei Jungs trotz jugendlichen Alters später ins Kaufleuten reinkommen, wo - laut Prince-Keyboarder Mr. Hayes - die Aftershow gespielt werden wird. Dass die Frage nie beantwortet werden wird, weil der Club, als gerade noch ein Meter T. und J. vom Eingang trennen, die Türen schliesst (er ist voll!) - das weiss J. alles noch nicht, als die Lichter gegen 21 Uhr ausgehen und das Publikum schreit.

Honolulu, 14. Februar 1997
Es gibt Glück, es gibt Riesenglück, und dann gibt es dies. Die Familienferien nach Hawaii waren schon gebucht, da erfuhr J. durch dieses neue Medium ("Internet"), dass Prince das gleiche Reiseziel hat - zur gleichen Zeit. Man muss noch nach USA telefonieren, um die Tickets zu buchen, und natürlich sind Eltern und Schwester auch dabei im Neil S. Blaisdell Stadium. Die Schwester geniessts; die Eltern weniger. Während die Mutter sich die Ohren zudrückt und der Vater einschläft wird aus einem Aficionado ein echter Fan. J. begreift etwas: Prince ist auf Platte genial, aber live noch genialer. Am Ende der Show nimmt sich der kleine J. vor, noch viele Prince-Konzerte zu sehen. Sagen wir, 15 in den nächsten 10 Jahren?

Zürich, im Herbst 1995
Draussen ists dunkel, J. sitzt in seinem Zimmer an der Schönleinstrasse und hört Radio. Wie jeden Donnerstagabend heisst die Sendung Top 24. Es ist Routine für J.: Er, frischgebackener Gymnasiast, möchte mitreden können und die neuesten Hits kennen. Nur mögen tut er sie meistens nicht; zu einfältig und repetitiv klingt es Woche um Woche aus dem Empfänger. Doch nicht heute. J. horcht auf, als die ersten fünf Akkorde erklingen, nickt behutsam mit dem Kopf, als das Schlagzeug einsetzt, und verzieht beim Gitarrensolo in purer Ehrfurcht das Gesicht. «Gold» heisst der Song, o(+> heisst der Künstler, Prince hiess er, Prince wird er dereinst wieder heissen. Und weil er den Unterschied zwischen Singles und Alben nicht genau kennt, kauft sich J. am nächsten Tag nicht die Maxi-CD, sondern gleich die ganze Gold Experience. Und so beginnts.

Interpret: Prince, Minneapolis
Album: The Gold Experience
Song: Gold
Jahr: 1995

Listen!

free music

Website: 3121.com

Empfohlene Tätigkeit: Fan werden.

Artwork: Auf die Stirn geschrieben.





Comments

Hare Krishna, Hare Krishna, Krishna Krishna, Hare Hare, Hare Rama, Hare Rama, Rama Rama, Hare Hare

Oje. Das ganze 100% Arbeiten hat dem guten Tobi doch etwas zugesetzt.

Warst du auch in Montreux dieses Jahr? Muss mich nämlich outen: Das war ein Kindheitstraum von mir. Das erste mal Prince live! Und ich fands furchtbar! Ich hab NIX gesehen. Wieso lässt der Depp aber auch die Leinwände ausschalten? Ein Konzert nur für die anwesenden Fans alleine? HAH! Wohl eher ein Konzert nur für Leute ab 2m! *schmollschmoll*

obwohl mir schaffen und werk des "purple one" mit ganz wenigen ausnahmen bis zum hoitigen tage komplett unbekannt geblieben sind, möchte ich doch meine bewunderung für die dauer und hingabe deines - in anbetracht der wandlungsfähigkeit, unstetigkeit und schierer skurrilität des betreffenden künstlers sicherlich nicht ganz einfachen - fantums kundtun, denn ich glaube dieses chronische "von-einem-künstler-oder-einer-band-alles-gesehen-und-gehört-haben-zu-müssen-gefühl" nur allzu gut zu kennen, auch wenn ich meinen/m helden leider nicht in deiner globetrotter-manier bis in die allerheiligsten stätten der rockmusik (hammersmith! odeon!) zu folgen in der lage war bzw. bin.

Cool! Danke......




SongOfTheWeek

Geschichten, die die Musik schreibt. 1x pro Woche, mit tollen Metaphern.

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