SOTW | Song Of The Week

SOTW #6-2009

Wenn Medien was von Musik wüssten

Zur Vorwarnung, liebe Lesenden, ich habe schlechte Laune. Weil ich krank mit Freund Noro im Bett liege. Weil ich in nur vier Wochen meine Masterarbeit abgeben muss und noch nicht annähernd am Ende bin. Das heisst, ich schon, aber die Arbeit leider nicht. Weil es deprimierendes Wetter ist. Weil mir langweilig ist. Weil ich dennoch gestresst bin. Weil ich nicht weiss, wie mein Leben nach dem Studium zu gestalten. Weil ich keinerlei Inspiration für gar nichts habe. Und weil ich mich nicht entscheiden kann, welcher Song diese Woche krönt und was in aller Welt ich darüber auch noch schreiben soll. Für grössere Recherchen bin ich nicht fit genug und eine interessante Story habe ich auch nicht auf Lager (siehe Gründe für schlechte Laune).

Also ich kann ja mal laut denken. Zur Auswahl diese Woche stehen sicherlich NICHT: Dieser Antony Typ oder Glasvegas. Ganz einfach aus dem Grund, dass man an diesen Beispielen wieder einmal sehen kann, wie die Medien an der Popularität von Acts beteiligt sind. Zum Kotzen. Da hat also jemand eines mehr oder minder angesehenen Musikmagazins einmal behauptet, dieser Antony wäre der Held schlechthin, worauf alle anderen Medien vor lauter Panik, sie würden den Hit des Jahrhunderts verpassen, brav in diesen Lobgesang mit eingestiegen sind, sicherlich ohne jemals die Platte anzuhören, geschweige denn, kritisch zu hinterfragen. Plötzlich findet man sogar in der hiesigen Pendlerpresse, die ansonsten kaum über Musik berichtet oder im besten Falle Robbie Williams’ Sexeskapaden im People-Teil auseinander nimmt, riesige pseudo-musik-journalistische Abhandlungen über diese bei Weitem nicht neuen Bands. Fraglich finde ich vor allem ihre Massentauglichkeit. Sie sind ja nicht gerade auf Anhieb eingänglich. Nicht etwa so, wie der immer kommerzieller gewordene Stil von The Killers zum Beispiel, die mit „Human“ den Radiosong schlechthin gelandet haben: Obwohl nach dem zehnten Hören langsam nervig wie ein Mülleimer ohne Müllsack, so doch im Grunde eigentlich recht gut. Ich möchte also nicht sagen, dass alles, was populär wird, generell qualitätslos ist. Doch die Frage stellt sich natürlich schon, wieso es die einen plötzlich nach ganz oben schaffen, während die anderen nie Erwähnung finden. Ob das wirklich soviel mit Talent und Leistung zu tun hat, ist in der Musikbranche fraglicher als sonst überall. Fettes Brot haben es eigentlich ganz gut auf den Punkt gebracht: „Entweder das wird ein Welthit und wir verdien’ nen Haufen Geld mit oder aber uns fällt ein Stein vom Herz, unser Scheiß ist kein Kommerz.“

Für den heutigen Song of the Week kommen eigentlich drei Künstler in Frage. So zum Beispiel MGMT. Eine Elektropopband aus New York, die im letzten Jahr durch Auftritte in Late-Night-Shows und durch die Verwendung ihrer Musik in Serien und Computerspielen Aufmerksamkeit bekommen hat. Zudem haben sie 2008 den NME-Award für bestes Album bekommen. Friedlicher Sound. Dann wäre es dringend an der Zeit, zur Abwechslung einmal eine Frau zu wählen. Bloss, was kommt denn da überhaupt in Frage...? Vielleicht Santogold, ebenfalls aus den Staaten, die schon mit allem zusammengearbeitet hat, was Rang und Namen im Musikbiz besitzt und auch schon für etliche unterschiedliche Künstler eröffnet hat. 2008 erschien nun endlich ihr erstes Soloalbum, das sich definitiv sehen lassen kann, wie ich finde. Eine Mischung aus allen möglichen Genres, schwierig zu beschreiben und deshalb recht originell. Auf ihrer MySpace-Seite bezeichnet sie ihren Stil als New Wave, Dub und Psychobilly. In eine ganz andere Richtung, viel ruhiger, aber auch hörenswert, geht Lykke Li aus Schweden. Ihr Debutalbum „Youth Novels“ erschien ebenfalls 2008 und wurde von Björn Yttling von der Band Peter Bjorn and John produziert.

Also, wer macht das Rennen? Hm... Azelle, Bölle schelle... And the SOTW goes to... Santogold!!! Wegen der Vielfältigkeit der Songs, dem eigenen Genre und der grossen Portion Talent, die von ihren Mitstreitern schon längst entdeckt worden ist, in den Medien jedoch mit keinem Wort erwähnt wird.

Interpret: Santogold, US
Album: Santogold
Song: I'm a Lady
Jahr: 2008

Internet: Santogold

Empfohlene Tätigkeit beim Hören dieses Songs: Gesund werden.

Artwork: Lea für SOTW