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The Arcade Fire - «Neighborhood 1 (Tunnels)»

SOTW #42-2007

The Verwirrung

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Ich weiss ja nicht, wie es Léa, unserer redaktionsinternen Expertin fuer das Genre des New Rock damals erging, aber ich war einfach nur schrecklich verwirrt und der Verzweiflung nahe wie selten zuvor. Die Rede ist von den fruehen Nullerjahren unseres neuen tollen Jahrtausends. Nachdem man sich die ganzen Neunzigerjahre hindurch als Fan von langen Maehnen und lauten Gitarren als Gruftie fuehlen musste, obwohl man noch weit weg vom zwanzigsten Altersjahr entfernt war, geschah zur angesprochenen Zeit etwas voellig unerwartetes. Die Rockmusik, bereits unzaehlige Male fuer tot erklaert, feierte einmal mehr eine eindrucksvolle Renaissance.

Zu Beginn war das alles sehr ueberschaubar. Es gab die Strokes, die White Stripes, den Black Rebel Motorcycle Club, die wunderbaren Coral. Von diesen Bands hatte und habe ich alles. Aber dann gab es ploetzlich immer mehr von all diesen "The"-Bands und die meisten davon waren einfach nur schlecht und nach einigen Fehlinvestitionen beschloss ich, die Finger von dieser zeitgenoessischen, zwar sehr foto- und telegenen, aber bald uninspiriert wirkenden Rock Musik zu lassen und abzuwarten, was von dieser Welle nach einiger Zeit noch uebrig sein wuerde und was wieder zurueck ins riesige Meer der vergessenen Platten gespuelt werden wuerde.

Dies ist der Grund, wieso ich The Arcade Fire erst im Fruehling dieses Jahres, mit dem Erscheinen des wunderbaren und augenoeffnenden Albums «Neon Bible», entdeckt habe. Und nach der freudigen Ueberraschung, die der Zweitling bot, musste natuerlich alsbald der Erstling erstanden werden. Und ebendieser Erstling, betitelt mit dem stimmungsversprechenden Wort "Funeral", beginnt mit dem dieswoechigen Song meiner Wahl, «Neighborhood 1 (Tunnels)».

Jetzt kann man natuerlich diskutieren, ob The Arcade Fire tatsaechlich als New Rock Band zu beweichnen oder doch eher der momentan ja foermlich zu explodieren scheinenden Alternativ- und Postrock Szene Montréals zuzurechnen sind. Vielleicht beiden, vielleicht keiner der beiden, ist ja schlussendlich auch egal, Hauptsache ist, dass The Arcade Fire weiterhin so tolle und intelligente Musik machen und dass ich hoffentlich noch von sehr vielen dieser "The"-Bands, denen ich mich ab der zweiten Generation verweigert hatte, dermassen positiv ueberrascht und fuer mein Weghoeren bestraft werde.


Interpret: The Arcade Fire, Montréal, CAN

Album: Funeral

Song: Neighborhood 1 (Tunnels)

Jahr: 2005


Internet: Wiki, Band

Empfohlene Tätigkeit beim Hören dieses Songs: Einen Tunnel graben. Und eine franzoesische Computertastatur umbringen.

Artwork: Auf Balkonien.





Comments

Das Haus mit dem verschobenen Dach als Metapher deiner Verwirrung?! Lustig! Ha!

Ja, Hannes, die Verwirrung war gross... Vor allem weil ich mich zu gegebener Zeit in einem Kaff im mittleren Westen der USA befand. Nebst der Erkenntnis, dass Mais und Rinder dort einfach viel besser schmecken und dass Football mit dem geschulten Auge durchaus spannend anzusehen ist, hat mich die ansässige Artclass-community ins Herz eben dieser, von dir angesprochenen, New Rock Ära eingeführt: Lange Autofahrten durchs Niemandsland, abgefreakte Ami-Konventionsrevoluzzer am Steuer und aus den scheppernden Boxen eines abgefuckten chevy-pickups dröhnt die neueste Demotape-Version irgend einer dieser unzähligen Garagebands... Und da war natürlich auch noch Uncle John's Record (http://www.myspace.com/unclejohnrecords ): Der erste und wahrscheinlich deswegen für mich auch der beste Musikladen, den ich je zu Gesicht bzw. Gehör bekommen habe... Eine "Rock"-Oase, welche seit 1972 ein heimeliges Zuhause für viele, von der Einöde geplagten Menschen darstellt! Wie ironisch und bezeichnend, dass ich soeben vernehmen musste, dass diese, meine Ohren schulenden Tore, an Weihnachten schliessen werden...

@anonymous: gut beobachtet, aber das dach ist wirklich so schief, da haben wir uns auch schon gefragt, was das soll... ausserdem haben wir die alte dame, die eigentlich da drin wohnt, schon lange nicht mehr gesehen...
@lea: tja, viele läden schliessen an weihnachten ;) nein im ernst, das ist natürlich tragisch! und die new rock welle in den vereinigten staaten zu erleben war sicher noch viiiel verwirrender als dies hier zu tun, mir wären da wohl spontan die gehörgänge explodiert! :) und: wie genau schmeckt denn dieser mais dort anders??

So wie Pananen in Banama oder so ähnlich... ;)

Panane! Da verletzt mich aber, wenn öpper mis Kopireit verletzt, da tör nämli nume en Disgoteeggäpsitzer sege!

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