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The Young Gods - «Kissing the Sun»

SOTW #38-2007

Was soll die Aufregung, ist ja schliesslich nur der Himmel


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Alles kein Zufall. Schliesslich ist die Schweiz ein hochindustrialisiertes Land. Darum ist es ja irgendwo durch auch logisch, dass der Industrial Rock hier in der hermetischen Konföderation miterfunden wurde. Und zwar von den Young Gods aus Genf. Noch nie von denen gehört? Das kann jetzt aber nicht euer Ernst sein! Immerhin sind die drei Jungs (mit wechselnder Besetzung, aber immer mit Fixpunkt Franz Treichler am Mikro) seit über 20 Jahren in der Welt und damit hin und wieder auch in der Schweiz unterwegs. Nun, der Erfolg hierzulande hielt bzw. hält sich wiederum natürlich nicht zufällig in engen Grenzen, schliesslich würden wohl an die 99% der hiesigen Bevölkerung die Musik der jungen Götter als brachiale Vergewaltigung des Hörapparats klassieren. Womit sie grundsätzlich nicht vielleicht nicht mal unrecht haben, nur stört sich das restliche eine Prozent halt nicht an Musik, welche derart unblumige Umschreibungen evoziert.

Ausserdem gibt es ja noch sehr viele Leute, die ausserhalb der Grenzen dieses Landes wohnen, im sogenannten Rest der Welt. Und dort gibt es schon seit ganz langer Zeit ganz viele Leute, welche die Young Gods und ihr vielfältiges, aber immer erkennbares Oeuvre schätzen und um die gloriose musikgeschichtliche Bedeutung der Band wissen. Ich finde es beispielsweise wahnsinnig toll und super kurios, dass es von den Young Gods ein in Sydney aufgezeichnetes Live-Album gibt. Man stelle sich das folgendermassen vor: Eine welsche Band spielt und singt in Australien ein Stück aus der Brecht/Weill Oper «Der Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny» mit Synthesizer und in deutscher Sprache. Ich frage mich bis heute, wie viele Leute damals im Publikum so tolle Textstellen wie "...und wenn man fragt, wer wohl sterben muss, dann werden sie mich sagen hören: Alle!" verstanden haben.

Heute wollen wir uns aber nicht mit der Seeräuberin Jenny beschäftigen, sondern mit einem Stück aus dem Überalbum «Only Heaven», welches von 1996 datiert und ausschliesslich mit zeitlosen Perlen des Post-Wave-New-Age-Goth-Speed-Industrial-Genres bestückt ist. Will heissen, «Kissing the Sun» et al. (darunter Lieder mit derart toll abgefahrenen Titeln wie «Speed of Night» oder - jetzt kommt's - «Moon Revolutions») lassen all den Leuten, welche auf seichte Fahrstuhlmusik abfahren und Musik grundsätzlich zur Beschallung des Hintergrunds verstehen und verwenden, ohne Gnade oder Warnung das Trommelfell explodieren. Geschieht ihnen Recht, diesen Spiessern.


Interpret: The Young Gods, Geneva-Interzone

Album: Only Heaven

Song: Kissing the Sun

Jahr: 1996


Internet: Wiki, Band

Empfohlene Tätigkeit beim Hören dieses Songs: Die Sonne küssen natürlich. Wenn man sie denn finden kann.

Artwork: Aus dem Gefährt gesehen.





Comments

hui, da ist aber jemand etwas wütend.

nur um noch etwas klug-zu-scheissern:
zum einen gibt es von der Groschenoper eine englische version 'The three penny opera', die wiederum einige bekannte persönlichkeiten der englischen Popmusik inspirierte (u.a. auch Tom Waits). Da wirds also einige Sidneyaner geben, die den Text kapieren. Zudem beruht Brechts Stück auf einem englischen Original von 1728 'The Beggar's Opera'.

Was ich mich an dieser Stelle eher frage, wie klingt das denn, wenn ein welscher ein deutsches Lied singt?

"und wenn mon frragt, wehrr wohl stehrben müss, dann werden sie misch sagen ören: alle"???

ah ja stimmt, die seeräuber jenny ist gar nicht aus mahagonny, sondern aus der 3go. und nein das tönt gar nicht so schlimm, ich denke treichler ist bilingue (kommt aus fribourg), aber die "r" werden trotzdem ordentlich gerollt.

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