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«You Can’t Steal My Love» – Mando Diao Special

SOTW #22-2009

Wenn Musik zum Zuhause wird

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Es ist wieder einmal Sonntag – und es ist gar nicht mal so schlimm. Die Morgensonne hat es noch nicht ganz über die Hügel geschafft, warm ist es noch nicht wirklich. Ich packe Tuch, Laptop und Ipod ein und mache mich auf in Richtung See. Unterwegs decke ich mich noch mit Kaffee, Sonntagszeitungen und sonstigen Heftchen ein, um mir den Tag zu versüssen. Schliesslich habe ich jetzt Zeit. Sehr viel Zeit sogar. So viel Zeit, dass ich an einem Sonntag schon vor 9 Uhr morgens Freizeit habe. So viel Zeit, dass ich in die Ikea fahren und Kisten kaufen gehe, um die letzten 6 Jahre auszusortieren und wegzupacken. Also wegzuwerfen, um genau zu sein. Deshalb hätte ich gar nicht in die Ikea fahren müssen, sondern eher in die Migros, um Zürisäcke zu kaufen. Oder einen persönlichen „Papier bleibt hier“-Lastwagen organisieren. Aber wie gesagt, ich habe ja jetzt Zeit. Das Beste daran ist, dass ich mich wieder bewusst, ausgiebig und ohne schlechtes Gewissen mit Musik auseinandersetzen kann: Im Internet surfen, downloaden, bewusst anhören, wieder löschen, coole Platten kaufen, in Plattenläden stöbern, über Musik lesen und schreiben und sich in sie verlieben.

Wenn man keine Zeit hat, um all diese Dinge zu tun, dann muss man auf Altbewährtes vertrauen, sozusagen auf den musikalischen Ex zurückgreifen. Das ist nicht zwingendermassen was Schlechtes. Im Gegenteil: Man kennt sich gut, weiss über Stärken und Schwächen, fühlt sich wohl und aufgehoben, ist irgendwie zuhause. Für mich liegt dieses Zuhause in Schweden und heisst Mando Diao. Wundert euch ruhig, man kann sich leider nicht immer aussuchen wen man liebt. Ich scheine definitiv eine Schwäche für Schweden zu haben, man denke nur mal an den flotten Dreier zwischen Hennes, Mauritz und mir oder an meine erste Liebe Roxette. Erste selbstgekaufte CD, sag ich da nur. Schon ok, ihr dürft lachen.

Mit Dance with Somebody haben es die Jungs von Mando Diao diesen Frühling auch bei unseren Kommerzsendern in die Heavy Rotation geschafft. Fast sieben Jahre hat es gedauert und ganze fünf Alben. Währenddessen habe ich einen BA und einen MA geholt und wurde dabei stets von den Klängen Mando Diao’s begleitet. Mit dem ersten Album Bring’em In 2002 holten sie mich von der HipHop-Welt in die Rockszene zurück, wofür ich ihnen bis heute dankbar bin. Das zweite Album Hurricane Bar erschien 2004 und war Liebe auf den ersten Klang. Ode to Ochrasy wurde 2006 in Ljubljana aufgetrieben und lieferte den Soundtrack zu den coolsten Ferien ever. Zudem habe ich da zum ersten Mal Fotos der Band gesehen. Schlechter fand ich sie deswegen nicht gerade. Das vierte Album Never Seen the Light of Day erblickte das Licht der Welt doch noch Ende 2007 und begleitete mich durch den Nahen Osten. Give me Fire wurde anfangs dieses Jahres veröffentlicht und brachte mich durch die Masterzeit. In Beziehungssprache gesprochen, würde ich sagen, dass Mando Diao und ich ungefähr von 2003 bis 2006 zusammen waren. Dann gingen unsere Wege in unterschiedliche Richtungen, man hat sich auseinander gelebt. Trotzdem blieben wir Freunde.

Die Alben sind bezüglich Machart und Stimmung alle unterschiedlich und doch immer eindeutig Mando Diao. Diese Einzigartigkeit in einem derartigen Schwammgenre finde ich bemerkenswert. Zu bemängeln sind meines Erachtens jedoch die Lyrics. Thematik und Ausdrucksweise sind oftmals merkwürdig, unverständlich und teilweise auch fehlerhaft. Nur selten kann ich mich mit dem Inhalt der Songs wirklich identifizieren und das war wohl letztendlich auch der Grund für die Trennung. Doch die Musik bleibt hochwertig, keine Frage. Die Beziehungsmetapher diesbezüglich wäre wahrscheinlich etwas in die Richtung guter Sex, aber schlechte Gespräche oder so.

Weil ich nicht dazu in der Lage bin, einen einzigen Song von Mando Diao rauszupicken und als Lieblingslied zu deklarieren, habe ich untenstehend eine Top Ten meiner ganz persönlichen Favoriten aus all den Jahren zusammengestellt. Je nach Lust und Laune ändert natürlich die Rangliste:


10. Motown Blood (Bring’em In): Typischer Mando Diao Track, noch in Demotape-Gerausche aufgenommen, mit einer guten Leistung von Gustaf Noren.

9. Sweet Ride (Bring’em In): Introducing Björn Dixgard. Ohne die anderen Mitglieder abwerten zu wollen, aber die Band wird von seiner Stimme getragen.

8. Dalarna (Never Seen the Light of Day): Das Lyrics-Problem fällt weg, weil’s keine hat. Dafür eine zauberhafte Komposition.

7. Mean Street (Give me Fire): Fröhliche Musik, viele neue Instrumente, gelungene musikalische Weiterentwicklung des neusten Albums.

6. Never Seen the Light of Day (Never Seen the Light of Day): Eine der besten Rockballaden seit langem.

5. Ringing Bells (Hurricane Bar): Wer so was schreiben kann, darf arrogant sein.

4. Sheepdog (Bring’em In): Klassiker. So hab ich sie kennen und lieben gelernt.

3. Ochrasy (Ode to Ochrasy): Der Grund, weshalb ich Björn Dixgard auf der Stelle heiraten würde.

2. Down in the Past (Hurricane Bar): Simply the Best. Wurde vielleicht mittlerweile von „Dance with Somebody“ abgelöst. Mal sehen.

1. You Can't Steal my Love (Hurricane Bar): Grund, weshalb ich mich in Mando Diao verliebt habe. Unter anderem wegen den Zeilen: „I said, hey girl, have you seen that film with those kids in New York in the 80ies? Oh, you have. Well, can I watch it with you anyway?!“ und natürlich „Honey I love you like the summer falls and the winter crawls, you’re above and beyond me.“ Wenn ich diesen Song höre, bin ich zuhause, egal wo ich mich gerade befinde.

Bonus Track: Mama You've Been on my Mind: Meines Wissens nach nicht veröffentlicht, aber dennoch eine wunderschöne Coverversion.

Artwork: Lea für SOTW








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