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Michael Jackson - «Thriller»

SOTW #9-2009

Die Angst vor dem Lied

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An einem Dienstagmittag in Zürich: Die Unterhaltung ist leicht ins Makabre gerutscht, und man diskutiert die verpasste Chance eines frühen Todes von Michael Jackson. Einige Jahre weniger auf dem Buckel, und er hätte sich so vieles ersparen können! Das Bubendrama, HIStory, den Namenswechsel (Mikaeel? Dann doch lieber 20px-Prince_symbol.svg.png), Nasenstücke am Boden, baumelnde Babys, und so weiter. Sehr viel weiter.

So sprechen der Tobi und ich über den King of Pop, und das Thema «Thriller» kommt auf. Selbstverständlich loben wir den Song ins unermessliche, und Tobi fleht mich an, diese Woche über «Thriller» auch noch zu schreiben. Natürlich willige ich ein. Dem Titeltrack des erfolgreichsten Albums aller Zeiten sind wir eh schon lang ein paar Zeilen schuldig.

Der Song ist 5:58 lang, und das ist gut so. Aber, erkläre ich dem Tobi, seinen Platz in der Musikgeschichte zementiert dieser Geniestreich schon in der ersten Minute. Genauer gesagt in den dreissig Sekunden ab 0:12. Zum Klang menschlicher (?) Schritte gesellt sich Wolfsgeheul, und urplötzlich hämmert ein elektronischer Schlag direkt ins Trommelfell, der einen doch etwas seichten Beat einleitet. Dieser aber wirkt auf den Hörer während des immer lauter werdener Teppichs von Synth-Akkorden immer unheimlicher.

Und dann explodiert alles. Meine Hände gestikulieren so majestätisch, wie sie nur können, und mein Mundwerk versucht vergeblich, das Feuerwerk zu simulieren. Die Übung ist eigentlich unnötig, weil Tobi die fünf akustischen Knallkörper bestens kennt und weiss, dass sie in ihrer Intensität nicht nur gehört, sondern auch gesehen werden können. Das Feuer lässt die Dunkelheit drei wundersame Sekunden lang verschwinden, und dann - nun, Michael sagt es selbst am besten: "You try to scream, but terror takes the sound before you make it." Denn kaum erholt man sich von der Farbenexplosion, kriechen sechs Töne um die Ecke und bilden eine eigentlich unmöglich einfache Basslinie, dank der sich alle anderen gespenstischen Elemente überhaupt entfalten können.

Die gerissenen Saiten der Funkgitarre aus dem linken Lautsprecher, die subtile Perkussion von rechts, mittig und allumfassend Klänge der 80er Jahre, die kein bisschen überholt wirken. Und darüber die Souveränität einer Stimme, die sich nicht schade ist, einen Popsong in eine Geisterbahn zu verwandeln. Michaels Genie ist - man kann es nicht anders sagen - furchteinflössend.

Nach Dangerous wäre er als Milliardär gestorben (allerdings als weisser). Vier Jahre früher, nach Bad, wäre er jahrzehntelang als Popkönig verehrt worden. Aber das alles hätte er schon nach Thriller erreichen können. Nur wäre er dann noch zum Propheten seines eigenen Untergangs geworden. Und wäre heute noch untot.

Interpret: Michael Jackson, US
Album: Thriller
Song: Thriller
Jahr: 1983

Empfohlene Tätigkeit beim Hören dieses Songs: Watch your back.

Artwork: flickr user Meet The Chumbeques








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