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a.Human - Take Me Home

SOTW #16-2013

Treffpunkt

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Ein Stück Geborgenheit und Sicherheit bedeutet der Hauptbahnhof Zürich, mehr als jeder andere Ort in dieser Stadt. Ich liebe ihn, wenn ich auch seit der Erweiterung auf Gleis 53 nur noch selten durch die Haupthalle wandle. Dennoch ist er von grosser Bedeutung für mich, ein Teil meiner Erinnerung. Er ist auf der Rückkehr der sichere Hafen, hat man ihn erreicht, ist man beim Happy End angekommen..
Der Kopf kann nur eins denken: „Bring mich endlich nach Hause – ich kann nicht mehr – ich halts nicht mehr aus“. Und trifft man ein auf welchem Gleis auch immer, entspannt sich dieser Hirnkrampf wieder. Der HB, er ist das Tor zum Moment in dem man nichts mehr aushalten muss, sondern endlich durchhalten kann. Und trotzdem bricht einem auch mal das Herz, weil er das Ende des erlebten markiert.

Gleichzeitig aber auch bedeutet er Aufbruch, und so verspricht er Abenteuer, neue Menschen und neue Erlebnisse. Ich muss hier raus, ich muss weg und der Bahnhof bringt mich egal wo hin. Er ist also Aufregung und Ruhe gleichzeitig. Begegnungszone, Treffpunkt. Ich seh mir auch liebend gern die vorbeihetzenden Menschen an, die in der Rush Hour durch die Halle rennen. Ich mag die Szenen in denen sich die Leute am Treffpunkt treffen, manchmal überschwänglich, manchmal vorsichtig - hey bist du der...? Fast wie in ‚Love Actually’, er ist also näher an Hollywood als jeder andere Teil von Zürich je sein wird.

Er ist aber auch der erste, oftmals sehr einschüchternde Eindruck, der auf Menschen hinterlassen wird, kommen sie zum ersten mal nach Zürich. Für Neuankömmlinge ist er schwierig, alle wissen wo hin nur sie nicht und der HB hat tausend ein und Ausgänge, die wie Augen hinaus in die grosse Welt sind. „Auf dieses Zürich wolle sie also auch mal hat die Joel letztens gesagt“, meint meine Cousine, die bei ICF ist, und meint damit ihre Tochter, die im Aargau auf dem Bauernhof aufgewachsen ist. Und ich stell mir das Mädl vor, wie sie zum ersten Mal mit mehr als 70 Menschen aufs Mal konfrontiert wird. Wie Nikki’s Engel sie in Empfang nimmt, mit riesen Busen, der mehr Sodom und Gomorra ist, als dieses junge Mädchen je gesehen hat.

Nein ich mag grosse Menschenaufläufe auch nicht, zumindest, wenn sie alle ein einziges Ziel haben – das Zürifest und die Streetparade sind mir also ein Graus. Am HB haben aber die Leute verschiedene Ziele, verschiedene innere Uhren, und das macht ihn spannend.

Ich erinnere mich an eine Episode, an dem ich in Italien mit Freunden erst in Pisa an einem Sonntag aus dem Zug geworfen wurde – das Reisebüro hatte uns versichert wir brauchten keine Reservierung für unsere Plätze – der Schaffner sah das so: „If you dont chaf a reservation you chaf to get aut! Dannach verbrachten wir erst 5h in Pisa an einem Sonntag – ohne offene Läden, ohne Essen, dannach weitere 3h in Mailand, mit Essen, aber wartend, denn wir wollten für den Cisalpino zurück eine Reservierung. In Zürich angekommen war dann nur die Erleichterung. Wir hatten es geschafft – Mordor durchquert, und wieder zurück ins Auenland gefunden. Im Gegensatz zu Pisa findet man im HB findet fast zu jeder Tageszeit noch irgendwo etwas zu essen, und sei es nur am Selecta Automaten. Ich erinnere mich noch gut an diese Riesenautomaten die es früher im Shopville gab, an denen man auch Pasta und Abwaschmittel rauslassen konnte – fast wie in Seoul.

„Treffen wir uns am BH?“ Fragt mich ein Aargauer? Worauf ich sec antworte: „Soll ich den mit Spizten anziehen, oder doch eher sportlich, was trägst du denn so? „Häh, ich checks nicht.“ „Na, dass du dich grad mit mir im BH treffen willst, find ich schon speziell“. „Wieso? Was ist denn das Problem am Bahnhof?“ „Dass es der HB ist nicht der BH.“ „Pfft ihr Zürcher wieder, habt das Gefühl ihr seit das Tor zur Welt?“ „Naja s ist der Hauptbahnhof in Zürich - s gibt ja noch andere Bahnhöfe hier, weißt du, der Stadelhofen, Wiedikon, Stettbach. Aber ja, ehrlich gesagt, ist er der grösste Bahnhof der Schweiz und gilt Weltweit als der meistfrequentierte Bahnhof mit 2915 Zugfahrten pro Tag (ok hier hat Wikipedia mich ein bisschen informiert).“ Er ist das Durchgangsfenster, Nord/Süd und Ost/West. Wer sieht schon so viel verschiedene Touris auf der Durchfahrt wie der HB Zürich?

Und ich freu mich auch sehr, wenn die alte Dame in ihrem Rollstuhl mich in Empfang nimmt und segnet, wenn ich nicht mehr kann und nur nach Hause will. Geld will sie nicht, sie ist auch immer etwas beleidigt, wenn ihr jemand eine Münze in die Hand drücken will. Der HB ist die grosse Bühne fürs kleine Theater - und manchmal auch für die Oper. Der Schlüssel nach Haus und das Tor in die grosse Welt.


Interpret: A.Human
Song: Take Me Home
Jahr: 2011

Internet: MySpace

Empfohlene Tätigkeit beim Hören dieses Songs: ungeschickte Choreographien tanzen, durch den HB.

Artwork: Treffpunkt









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