John Phillips - «Someone's Sleeping»
SOTW #14-2007
Der alte Wolf und das Meer
Also, der Cd-Laden ist vom Bahnhof aus eigentlich ziemlich einfach zu finden. Zuerst überquert man die Strasse, die gleich vor dem Bahnhof liegt und geht zwischen den beiden Restaurants "Olympia Grill" und "McDonald's" die schmale und wahnsinnig steile Kopfsteinpflastergasse hoch. Ehrlich gesagt, ich weiss nicht, wer genau die glorreiche Idee hatte, in diese hügelige Gegend eine Stadt zu bauen, aber wenn man diese Gasse hinauf geht, verflucht man diese Person mit jedem Schritt ein bisschen mehr. Hat man es aber ohne Lungenkasper und Wadenkrampf bis nach oben geschafft, kann man einen Blick auf die schöne und grosse Kathedrale werfen, muss aber nicht unbedingt. Nun geht es weiter über die Brücke, unter der sich nicht etwa ein Fluss, sondern Strassen, Häuser und die gigantische Baustelle des neuen U-Bahnschachts befindet. Folgt man der Brücke (auf oder neben ihr) bis zu ihrem Ende, erreicht man einen belebten Platz, der einen lustigen Namen trägt. Lustig deshalb, weil er gleich heisst wie ein Viertel einer anderen, viel grösseren Stadt. Und auch lustig deshalb, weil das, was der Platz mit der Bedeutung seines Namens verspricht, überhaupt nicht stimmt, im Gegenteil, es stinkt dort meistens ganz fürchterlich, dank den unzähligen Bussen (alles ausrangierte Modelle der Stadt Aschchabad) und Autos.
Davon sollte man sich allerdings nicht verwirren lassen und weiter derselben Strasse folgen, die vor dem Platz mit dem doppelt lustigen Namen noch eine Brücke war. Macht man das gewissenhaft, so kommt man nach einiger Zeit an einen nächsten grösseren Platz, der zwar keinen lustigen Namen, dafür eine ganz neue Bushaltestelle von ungefähr einhundert Meter Länge besitzt. Man lässt diese neue, einhundert Meter lange Bushaltestelle hinter sich und hält am Ende des Platzes nach einem Vietnamesischen Restaurant Ausschau, welches sich in einer Häuserecke am westlichen Rand des nicht so lustig benannten Platzes (der dafür aber eine neue, einhundert Meter lange Bushaltestelle besitzt) befindet und das von mir leider noch nie betreten wurde, weswegen ich leider nicht sagen, ob sich ein Besuch da drin lohnen würde, aber um das geht es jetzt hier ja eigentlich nicht, das Restaurant dient hier schliesslich nur zur Wegbeschreibung und ist völlig zufällig in diese Geschichte reingeraten. Viel wichtiger ist, dass man, wenn man das Vietnamesische Restaurant gesichtet hat, links an diesem vorbei geht, in die nach oben führende Strasse einbiegt und dieser hinauf folgt. Dann wechselt man die Strassenseite und findet neben dem Laden mit (sowohl kulinarischen wie auch cinematographischen) Spezialitäten aus Indien das Cd-Geschäft, das ich meine.
Ja, dort war ich nun schon ein paar mal drin und habe so einiges an Perlen ans Tageslicht befördert, zuletzt die kürzlich neu aufgelegte erste Solo-Platte von John Phillips, die den schönen Titel «John the Wolfking of L.A.» trägt und sehr viele ebenso schöne Lieder enthält. Dazu gibt es ein ausführliches Booklet über den Werdegang des einstigen Kopfs der Gruppe The Mamas And The Papas, das einige tolle Bilder enthält, die den Wolfkönig sowohl als vergilbten Hippie mit Wolfpelzjacke am Strand, aber auch als geschniegelten Dandy in einem äusserst stilvoll eingerichteten Salon zeigen. Wie auch immer, ich bin überzeugt davon, dass es nur der mystische Geist des Wolfkönigs gewesen sein kann, der seine schützende Hand über mein Schicksal hielt in jener Nacht, als auf den beiden einzigen Strassen, die aus meiner Siedlung in Richtung Metrostation hinausführen, furchterregendes Hundegebell zu hören war. Der Wolfkönig war es, der die blutrünstigen Bestien zurückweichen liess und mir den Mut gab, trotz Todesangst und vollgepinkelten Unterhosen weiterzugehen.
Interpret: John Phillips, Kalifornien, USA.
Album: John the Wolfking of L.A.
Song: Someone's Sleeping
Jahr: 1970
Empfohlene Tätigkeit beim Hören dieses Songs: Mit Blumen in den Haaren auf einer Sommerwiese liegen.
Artwork: Die Amerikanische Nacht fällt über Los Ann.
