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Les Sauterelles - «Heavenly Club»

SOTW #20-2010

Ob Musik oder Fussball, Hauptsache, es wird gehüpft

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"Jedesmal wenn der Grasshopper-Club verliert, kann ich eine Woche lang nicht schreiben." - Friedrich Dürrenmatt

Nun, ich habe nicht vor, mich hier und heute über die Sauterelles – die "Swiss Beatles" – auszulassen, ausschlaggebend für die dieswöchige Wahl war alleine der Bandname, der auf Deutsch "Heugümper" bedeutet und auf Englisch – das Zitat oben lässt’s vermuten – Grasshopper. Dies wiederum ist gleichzeitig der Name der tollsten Fussballmannschaft dieser Stadt, dieses Landes, dieses Kontinenten, ja dieser Welt! Grund genug also, dass die Hoppers hier endlich mal thematisiert werden.

Wie wohl die meisten Leser wissen mögen, ist ja bald wieder eine Fussballwelt-meisterschaft, was wiederum die meisten Leute dazu veranlassen dürfte sich im Kollektiv vor riesigen Bildschirmen zu versammeln und Bier zu trinken und ihren Senf dazu zu geben. Was aber die meisten dieser Leute nicht wissen dürften, ist, dass Fussball nicht nur jeden zweiten Sommer (wenn man die nicht minder tollen Europameisterschaften hinzurechnet) stattfindet, sondern an jedem einzelnen Wochenende und manchmal sogar auch noch unter der Woche (das nennt man in der Fachsprache dann eine "englische Woche") gespielt wird!

Und die oben erwähnten Hoppers sind eine dieser Mannschaften, die jede Woche (die unsäglichen und nur schwerlich zu bewältigenden Sommer- und Winterpausen mal ausgeklammert) im Einsatz stehen und das – ein Blick in die ewige Tabelle lässt keine Zweifel offen – äusserst erfolgreich. Eben diese ewige Tabelle war während der letzten paar Jahre der Strohhalm, an den sich jeder Heugümper verzweifelt klammern musste, insbesondere bei Diskussionen mit Fans der anderen Zürcher Mannschaft (den sogenannten "Schlachthofschweinen" oder auch "Strichern" – ein Begriff, der noch aus der Zeit stammt, in der die damalige Nationalliga A nach der Hinrunde in eine Finalrunde und eine Auf-/Abstiegsrunde aufgeteilt wurde, wobei der Strich, den der FCZ praktisch immer von unten gesehen hat, die Trennlinie markierte – beides Bezeichnungen, die ich selbst natürlich nie verwenden würde, zählen ja nicht wenige solcher Subjekte zu meinem Freundeskreis). Inzwischen spielen die Hoppers ja wieder tollen Fussball und gewinnen dabei auch noch Punkte, so dass man sich nun auch wieder an der aktuellen Tabelle erfreuen kann.

Ich traue mich fast nicht, es zuzugeben, aber mein erstes Nationalliga A Spiel habe ich im Letzigrund gesehen (für komplette Banausen: Jahrzehnte lang war es so, dass dort nur der FCZ gespielt hat, während GC "ennet den Geleisen" im Hardturm beheimatet war, was dieses Geständnis also umso brisanter werden lässt – auf die Stadionthematik soll zum Schutz meiner Nerven hier übrigens nicht weiter eingegangen werden)! Das war damals, im denkwürdigen Spätherbst 1993, als das entscheidende Qualifikationsspiel der Schweizer gegen Estland anstand (das bekanntlich mit 4-0 gewonnen wurde und die WM-Teilnahme in den USA ermöglichte), der heilige Rasen des Hardturms geschont werden musste und die Grasshoppers ins Leichtathletikstadion ausweichen mussten. GC gegen Servette, damals einer der härtesten Rivalen und heute – wie übrigens auch der andere grosse Club aus der Romandie, Lausanne-Sport – in den Niederungen der Nati B, bzw. neudeutsch in der Challenge League rumdümpelt, war die Affiche, die mit 1-0 ausging. Das Tor – wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht – fiel spät in der zweiten Halbzeit, erzielt durch den unerreichten Mats Gren, nach einem Doppelpass mit dem Niederländer Ron Willems. Namen, die auf der Zunge vergehen wie eine Stadion-Bratwurst mit Bier.

Und weil’s so schön war, hier auch gleich noch einige weitere Protagonisten, die mir viele tolle Nachmittage und Abende im Hardturm (selig) brachten (und auch weil Fussballernamen irgendwie toll sind – Leute die Fussballbildchen sammeln werden dies mit heftigem Kopfnicken bestätigen): Thomas Bickel, der Regisseur mit Turmsicht, Ramon Vega, von dem ich mich an kein verlorenes Kopfballduell erinnern kann, Jorgo Nemtsoudis und Harald Gämperle, die beiden klassischen Aussenbillis, der junge Giovane Elber, der hier den Grundstein für seine tolle Karriere bei Stuttgart und den Bayern legte, Nestor Subiat, der trotz (oder gerade wegen?) seiner die-hard Vokuhila-Frisur Tor um Tor schoss, das Arbeitstier Joel Magnin, der junge Murat Yakin, der sich in Amsterdam mit seinem Warp4-Freistoss-Siegtor in die Annalen schoss (spätere Aktiviäten beim FCB sollen ihm hier mal verziehen werden), der ewige Mäse, zusammen mit dem bereits erwähnten Mats Gren eine der Ikonen der Hoppers in den 1980er und 1990er Jahren, Johan Vogel, der kleine, freche Jungspund, Massimo Lombardo, über dessen missglückte Flanken sich mein Vater wohl heute noch aufregt, der launische Kubi, dem kein Winkel zu spitz war um zu treffen und der bis vor kurzem noch Rekord-Torschütze der Nati war, Viorel Moldovan, der nimmer-Tor-satte Rumäne. Weitere Helden waren dann der wirblige Richard Nunez, der Jahrhundertstürmer Stephane Chapuisat, der späte Alain Geiger, der grösste Abwehrchef, den dieses kleine Land je gesehen hat und sehen wird, der Arbeiter und Antreiber Christoph "Wuschu" Spycher und natürlich der noch immer aktive Zürcher Stadtheilige Ricardo Cabanas. Alles unvergessene Helden, der Heavenly Club der Hoppers der vergangenen 15 Jahre, so zu sagen.

Für diejenigen, die wegen der Musik hierhin gesurft sind, hier noch ein paar Zeilen des Trostes: Ex-Sauterelle und vor allem Ex-Krokodil Düde Dürst hat letztes Jahr ein tolles Album («Back to the groove») veröffentlicht, das ich an dieser Stelle wärmstens empfehlen möchte. Von Tony Vescoli finde ich vor allem «Dä Augie und ich» (Duett mit Augie Meyers (zeitweise Mitglied von Bobbys Studioband)) vom Album «Tegsass» lustig und natürlich auch seine ins Züridüütsch übersetzten Dylan Songs (wo aus "everybody must get stoned" tatsächlich "jede häd emal en stei" wird!).


Interpret: Les Sauterelles, CH

Album: View to Heaven

Song: Heavenly Club

Jahr: 1968

Internet: Wikipedia, Website, ewige Tabelle.

Empfohlene Tätigkeit beim Hören dieses Songs: Auf zum Bolzplatz! Oder die Lyrics nachspielen.

Artwork: HG und Gimp für sotw (brennende Fankurve beim letzten Spiel im Hardturm).





Comments

Ha! König Fussball... das wurde ja mal Zeit! Falls noch nicht gelesen, kann ichs nur empfehlen: "Fever Pitch" von Hornby. Ein immer wieder lustiges Buch über die Liebe zu einem Fussballverein. Du würdest dich wahrscheinlich ab und zu wiedererkennen. ;-) Gratulation zur guten Saison, du Hüpfer!

aber hg, nun war ich zwar noch nie an einem Fussballspiel mit dir, aber schon an ettlichen Konzerten, und eines hast du ganz sicher nie gemacht: gehüpft...

hm stimmt eigentlich... aber ich han au immer eso ruggeweh!

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